Ihr Blick fällt auf die herbstfarbenbunte Fototapete, mit der der Raum tapeziert ist; die Bäume stehen Kopf.
Viele Bilder ihres Lebens kamen ihr „dabei“ stakkatoartig in den Sinn.
Mit 18 hatte sie ihr Zweierabitur in der Tasche, bewarb sich bei mehreren Schauspielschulen, bekam zwei Zusagen, entschied sich für die süddeutsche Schule – möglichst weit weg von zuhause –, studierte 3 Jahre lang voller Elan, Freude und Optimismus, bestand die Schauspielprüfung mit Auszeichnung und bewarb sich mit ihrem Diplom-Abschluss an mehreren Theatern in Süddeutschland und vor allem in Österreich, denn die zahlten besser.
Die ca. 20.000 EUR Studienkosten finanzierte sie über einen Bildungskredit und sie jobbte für ihren Lebensunterhalt das Jahr über in mehreren Brauhäusern/Biergärten.
Dann kam das Angebot ihrer Agentur für eine Hauptrolle in dem TV-Thriller-Mehrteiler „Die Rote Laterne“; Regie führte der beste deutsche Film-Regisseur!
Gesucht wurde eine Schauspielerin, die eine sogenannte Edel-Prostituierte in einem Münchener Nobel-Bordell spielen sollte – das war ihre Chance; ihre Chance auf Bekanntheit, auf neue, spannende Rollen, auf regelmäßiges Einkommen …
Heute fand das letzte von fünf Castings statt, die BeobachterInnen waren sehr zufrieden mit ihr und sagten ihr, dass sie die Rolle mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit bekäme.
Lediglich ein Pro-forma-Abschlussgespräch mit dem Produzenten des Films müsse gleich noch erfolgen; sie wundert sich über die merkwürdige Betonung der Worte „pro forma“.
Er greift ihr zwischen die Beine, schiebt Sie sanft aber bestimmt gegen seinen Konferenztisch, sagt: „Du willst doch die Rolle haben‽“, drückt ihren Oberkörper auf die Tischplatte, zieht ihren Slip nach unten, öffnet seinen Hosenschlitz …
Sie lässt ihren Körper los – ihr Blick fällt auf die herbstfarbenbunte Fototapete, mit der sein Büro tapeziert ist, die Bäume stehen Kopf.
Harvey?
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Es gibt so / zu viele davon.
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!
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Eine schlimme und allzu realistische Geschichte. Und ich bin nicht sicher, ob ich den Optimismus teilen soll. Aber ich will’s mal versuchen.
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Doch, ich rege mich auf, ich regte mich auch damals auf, dann eben keine Karriere … in diesem Sommer habe ich eine junge Frau begleitet, die pro forma eingegangen ist ud noch immer nicht wusste wie sie sich damit fühlen soll …
aber was bleibt: richtig gut geschrieben, Chapeau!
herzlichst, Ulli
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Sich für andere aufzuregen verändert nichts. Anderen Mut zu machen, aus schädlichen Ritualen auszubrechen, ihnen den Rücken zu stärken und vor Anfeindungen zu schützen, das ist hilfreich. | Vielen Dank. | Liebe Grüße. Bernd
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Ich habe mich für mich persönlich aufgeregt … auch wenn es der Vergangenheit gehört! Ansonsten stimme ich zu!
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Ja, und ich meine, dass es besser ist, die innere Energie, die für die persönliche Aufregung freigesetzt wird, in eine äußere zu investieren.
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JA!
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Na hoffentlich bricht der Krug wirklich bald ! Die Idee mit den auf dem Kopf stehenden Bäumen finde ich genial !
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Er bricht! Vielen Dank!
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Sehr aktuell.
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Ja, die Wortspende verschmolz heute Morgen mit einem Kommentar in SWR1 zu #meetoo in meinem Kopf zu diesem Bild.
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Wir als Eltern haben in der Schule unserer Kinder gelernt…die Kinder stark und selbstbewusst machen…ist der beste Schutz
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Kindern Resilienz mitzugeben ist überlebenswichtig, ja!
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Aufwühlend….
Sehr gut geschrieben….
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Vielen Dank! Und immer wieder ein Danke für die Wortspenden, die ich inspirierend empfinde.
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Der Fatalismus, mit dem du das beschreibst, macht es so erschreckend. Und es legt nahe, dass alle wussten, was „pro forma“ bedeutet. Und jetzt auch sie.
Liebe Grüße
Christiane, auf der Kippe zwischen Aufregen- und Nichtaufregenwollen
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Sozusagen seit ich auf der Welt bin, kenne ich das Wort „Besetzungscouch“. Es ist kein Missbrauch, es war jahrzehntelang ein Brauch. Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit. Rege dich nicht auf. Der Krug geht zum Brunnen, bis er bricht. Jetzt bricht er, vor allem brechen die Opfer ihr Schweigen. Ein weiterer Schritt der Emanzipation.
Liebe Grüße.
Bernd
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Ja, klar, #metoo und so weiter. Natürlich ist es ein Missbrauch, auch wenn es ein Brauch war.
Ich hoffe, dass Reden hilft, nicht nur den Betroffenen.
Liebe Grüße
Christiane
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Es wird helfen. Nichts wird jetzt mehr so sein, wie es einmal war. –
Es kursierten Gerüchte in der Firma, in der ich damals meine Ausbildung machte, dass es eine Zeit, in den 1960er-Jahren, gab, da hatten die weiblichen Angestellten den Herren der oberen und mittleren Führungsriege auf Betriebsausflügen willfährig zu sein.
Das gibt es schon lange nicht mehr.
Kein Mensch darf zum Objekt degradiert werden, kein Mensch darf sich zum Objekt degradieren lassen.
Es wandelt sich sehr, sehr langsam – aber es wandelt sich.
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Da wird das Wort Miss- Brauch doppeldeutig…
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Besetzungscouch und „sich hochschlafen“
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Die zwei Seiten einer Medaille.
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Ja wobei das erste oft nur für den Einstieg gesehen wird, das zweite den gesamten Weg inder Fa begleitet
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Beim Sich-Hochschlafen hat die Frau aber die „Spielregeln“ akzeptiert und instrumentalisiert sie ihrerseits.
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Bei der Couch nicht?
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Das kommt auf die Umstände des Einzelfalles an, auf das Wissen oder die Unkenntnis des Opfers.
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Ja gut so kann man das sehen…
Och find den Unterschied nur nicht sooo wesentlich, und hoffe deine Prophezeihung erfüllt sich wirklich
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Bin optimistisch.
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