Vor zehn Jahren waren sie sich im Ausbildungszentrum begegnet: Liebe auf den ersten Blick – dem zweiten hielt diese Liebe nicht stand.
Er hatte Andere – sie hatte danach einen Anderen, nicht lange, und nach ihm hielt Parship nicht, was sie sich davon versprach.
Vor sechs Jahren brachte eine versehentlich an ihn versandte WhatsApp-Nachricht sie wieder zusammen.
In fünf Jahren Fern- und Wochenendbeziehung zögerte und zauderte sie, zu ihm zu ziehen, ihr Herz wollte an seinem kleben, ihr Verstand war merkwürdig distanziert.
Vor einem Jahr dann gab sie ihre Bedenken und ihre Wohnung auf und zog zu ihm in seine.
Kurz nachdem sie gemeinsam zwei heimatlosen Kätzchen ein Zuhause gaben, bittet er sie nun, zu gehen – er liebe sie nicht mehr.
Nasskalt fühlen sich die Tränen auf der Haut ihres Gesichtes an.
Sie dachte an den Einen, den Besonderen, den Freund Gewordenen, mit dem sie so viel verband, die Tierliebe, die Musik, die Natur, die Lebensweise, die Sorge um die Zukunft der Menschheit, Filme, Humor, die Empfindsamkeit, den Beruf, die Arbeitshaltung; an diesen, der ihr Fels in der Brandung war, als sie nicht wusste, was zu tun, der sie mit Ideen nährte, als sie ratlos war, der sie wärmte und den sie wärmte als sie beide fröstelten, der ihr seine Liebe offenbarte, die sie nicht teilte, ihn, der ihr seit zwei Jahren nachtrauert und sie bei jeder Begegnung sehnend anblickt.
Seit seiner Liebeserklärung ohne Widerhall war er wie ein Winterbaum, grau geworden, alle Blätter abgeschüttelt, seine Lebendigkeit tief in sich vergraben.
Sollte sie diesmal ihrem Verstand folgen?
Die Personen und die Handlung der Geschichte sind frei erfunden. Etwaige Ähnlichkeiten mit tatsächlichen Begebenheiten oder lebenden oder verstorbenen Personen wären rein zufällig.
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Dem Verstand folgen – und ihn später verachten? Och nö.
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Es ist schwierig, das richtige Maß an Herz und Verstand zu finden. Und jeder muss es für sich finden. Doch wenn man sich selbst noch nicht so richtig kennt, sollte man es aus verschiedenen Richtungen versuchen und sein zukünftiges Handeln somit kalibrieren. Danke. Liebe Grüße, Bernd
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Ach, so ist das Leben ……. Ich dachte an Schnitzlers „Liebeleien“ ……
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„So oder so ist das Leben.“ Das Leben, manchmal nichts Halbes und nichts Ganzes, manchmal ein Übermaß an (Un-)Glück. Selten wirklich stimmig. Danke. Liebe Grüße, Bernd
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Für sie wäre es ja vielleicht das Richtige…..Ob der Mann allerdings wieder grüne Bätter bekommen würde, darf bezweifelt werden
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Oder umgekehrt? Ich würde raten, es zu versuchen, offen und ehrlich miteinander umzugehen und klar rote Linien zu benennen. Danke. Liebe Grüße, Bernd
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Nein, soll sie nicht. Sie liebt ihn auf ihre Art, schon klar, aber solange sie ihn nicht auf die Art liebt, die er sich wünscht, betrügt sie ihn – und redet sich was ein.
Ich würde ihr wirklich abraten.
Liebe Grüße, danke, eine gute neue Woche dir!
Christiane
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Alle Kommentare hier und heute gefallen mir gut. Diese unterschiedlichen „Lösungsansätze“. Vielleicht sollten sie es einmal mit einer WG versuchen. Wandel durch Annäherung. Danke. Dir auch eine gute Woche und liebe Grüße, Bernd
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Es waren zwei Königskinder…….
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Berührt mich sehr, am meisten der klirrend klare Satz mit dem Winterbaum.
Gute Nacht und liebe Grüße,
Natascha
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Beim Bild des Winterbaumes dachte ich sofort an den nicht entwickelten Persönlichkeitstyp „Denker“ mit dem Untertyp „Abhängiger“ (der gutmütige Beobachter), der sich gerne zurückzieht und in Gefahr läuft, sich zu isolieren. Es ist wichtig, dass dieser ins Handeln kommt. Danke! Liebe Grüße, Bernd
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Ja, so ist das. Trotz der späten Stunde gestern hatte ich ähnliche Assoziationen (hätte sie nur nicht mehr sprachlich fassen können).
Liebe Grüße, N.
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