Inhaltshinweise: Dieser Text kann Bilder erzeugen, die für sensible Menschen belastend sein können (hier: Verlustängste, Traumatisierung)! Die entstehenden Bilder können Flashbacks auslösen und bisher blockierte Erinnerungen freisetzen. Der Autor übernimmt keine Haftung für entstehende psychische oder seelische Schäden. Lesen Sie den Text bitte nicht, wenn Sie entsprechend sensibel oder sensitiv sind.
Er hatte O-Beine und watschelte leicht, weil seine Mama ihn wohl bis zuletzt seitlich auf der Hüfte durch ihr Township trug.
Es müssen einfache aber schöne Jahre mit einer liebevollen Mama gewesen sein, anders lässt sich sein Grundvertrauen, seine Zuversicht und seine Resilienz nicht erklären.
Die ersten drei Jahre seines Lebens waren wohlbehütet.
Bis zu diesem einen Tag.
Drei Monate später kamen die neue Mummy und der neue Daddy mit einem Aeroplane aus Germany und holten ihn ab.
Gleich bei der ersten Begegnung im Kinderheim haschte er nach der Hand des neuen Daddys, forderte auf die Schultern gesetzt zu werden, kraulte Daddys Bart und strahlte übers ganze Gesicht.
Wenige Wochen nach der Ankunft in Germany starb der Hund der Familie und wurde beerdigt.
Und er erzählte, was er bislang beharrlich verdrängte, dass seine Mama auch in so ein Loch gelegt wurde, nachdem böse Männer sie vor seinen Augen totgeschlagen hatten; danach setzten sie ihn in einem Park aus.
Mit dieser Bewusstwerdung wurde er oft, phasenweise, schwermütig; als Nachbarskinder ihren toten Wellensittich Peterle beerdigten, flashten ihn die Erinnerungen und er trampelte wie von Sinnen auf Peterles Grab herum.
Diese Unbehaustheit wird für immer ein Teil seines Lebens sein.
Die Personen und die Handlung der Geschichte sind frei erfunden. Etwaige Ähnlichkeiten mit tatsächlichen Begebenheiten oder lebenden oder verstorbenen Personen wären rein zufällig.
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Wichtiger als jeder Schwermut, ist der positive Blick nach vorn! Go little one, go!
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Ja, die Schwermut kann überwunden und der Blick kann positiv nach vorn gerichtet werden, wenn es gelingt, die Traumatisierung in sein Leben zu integrieren, sie als Teil der eigenen Persönlichkeit zu begreifen und zu verstehen, dass ein dreijähriges Kind den Tod der eigenen Mutter objektiv nicht hätte verhindern können.
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Ein Text, der mich an einer anderen Stelle „erwischt“ als der gewarnten (nein, keine Sorge, das haut mich nicht um). Die Unbehaustheit des angenommenen -Kindes, das worüber ich nicht schreiben wollte.
Toller Text
Natalie
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Es ist vielleicht die Größte der Unbehaustheiten: die des Waisenkindes. Vielen Dank! Liebe Grüße, Bernd
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Waisen sind meine Kinder ja nicht, aber ihre Eltern haben sie eben doch verloren.
Die Große hat viel Gewalt gegen die Mutter mitangesehen und ich habe mir sagen lassen, das sei oft traumatisierender als Gewalt am eigenen Leib. Das war beim Lesen wieder so präsent.
Auch danke
Natalie
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Ja, weil bei Kindern Schuldgefühle hinzukommen, z.B. der Mama nicht geholfen zu haben.
Das ist bei dem Jungen aus meiner Etüde auch der Fall, sich schuldig zu fühlen.
Liebe Grüße, Bernd
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Das kann eine ordentliche Hypothek für das weitere Leben sein. Solchen Kindern wünsche ich offene Eltern, die sich nicht scheuen, nach Hilfsmöglichkeiten zu suchen.
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Pingback: Fazit Textwochen 47.48.19, willkommen Adventüden! | Irgendwas ist immer
Beeindruckend! Auch der Schreibstil, beispielsweise dieses Wort „Aeroplane“ – …
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Vielen Dank! Liebe Grüße, Bernd
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Es ist so schlimm, wenn Kinder so Erfahrungen machen. Trotzdem ist es schön zu hören, wenn sie jemanden haben, der ihnen hilft. Wirklich schön geschrieben.
Grüße, Katharina
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Vielen Dank! Liebe Grüße, Bernd
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Gestern Abend erst wieder ein Interview mit einer Trauerbegleiterin gesehen, die speziell mit Kindern arbeitet. Schön, hier müsste jemand ran, der sich auf Traumabewältigung versteht … und auf Kinder. Trotzdem, ich hoffe für den kleinen Kerl und seine Zukunft.
Liebe Grüße, vielen Dank an dich
Christiane
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Es gibt in Deutschland in der Fläche so gut wie keine Traumapsychologen für Kinder. Danke. Liebe Grüße, Bernd
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Echt nicht? Schön, ich glaube nicht, dass sie das studiert hatte, aber das sagt nichts über die Wirksamkeit der Methoden aus.
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Ach je, das arme, arme Kind 😥 aber wieder einmal sehr gut geschrieben
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Vielen Dank! Liebe Grüße, Bernd
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